MEINE KOMISCHE SEITE
"Mein lieber Scholli. Habt ihr euch aber alle schön gemacht. Seid ihr etwa alle in dem Karnevals-Follow-Up-Meeting gewesen?
Dem Chef war die Sache aber zu unsicher und da hat er für heute noch schnell eine Stimmungskanone engagiert.
Hier bin ich. Jaa, ich soll hier heute Stimmung machen.
Dass ihr eine harte Nuss seid, weiß ich ja noch aus den letzten Jahren. Aber dass sooo eine verhuschte Bande aus euch geworden ist. Nee. Dass soll mir ja was werden.
In meiner Familie fragen die sich ja schon, von wem ich das habe. Mittlerweile muss immer die verstorbene Mutter meines verstorbenen Vaters dran glauben. Aber so ist das in der heutigen Zeit. Noch nicht mal die eigene Familie steht hinter einem, wenn man ein paar Macken hat und ein bisschen aus der Art geraten ist.
Und aus dem Grund wollte ich auch mit dem Unfug eigentlich ganz aufhören.
Noch vor vier Wochen hab ich zu meiner Kollegin gesagt. „Brunhilde“, hab ich gesagt, Karneval, nee, das Thema ist für mich endgültig gegessen.
Alles im Leben einer Frau hat seine Zeit und meine ist abgelaufen. Ich glaube, das hat mit meinem Alter zu tun und weil ich nicht mehr so schön bin wie früher.
Man soll ja von der Bühne abtreten bevor sie einen runterholen. Und wenn sie sich mal angucken, wer da heutzutage noch auf Bühnen steht: nur junge spindeldürre Dinger.
Die meisten heruntergekommenen Schauspieler und ausge-musterten Politiker sind ja jetzt in diesem Dschungelcamp.
Rufen Sie hier morgens auch immer aus dem Fenster: „Hilfe, ich bin ein Multifunktionssupporter, holt mich hier raus?“
Ja, jedenfalls wenn sie den Zeitpunkt verpassen, an dem sie ab-treten sollen, dann geht es ihnen wie Johannes Heesters. Der wurde jeden Abend mit dem Rollstuhl bis an die Rampe gefahren und hat mit Hilfe unsichtbar gezogener Fäden – ich glaube die hat seine Frau gezogen - dem Theaterpublikum zu gewunken oder diese Ingrid van Bergen, die vor laufenden Kameras Spinnen essen muss.
Also so möchte ich nicht enden. Nee, hab ich zu Brunhilde gesagt. Das mach‘ ich nicht mehr mit!
Alleine schon wegen der Betriebsleitersekretärin. Die hat mich doch schon vor Weihnachten angepfiffen: „Halt bloß nicht wieder so viele Volksreden Altweiber. Die Leute wollen Spaß haben und tanzen.“
„Sie wollen tanzen? Da bin ja mal gespannt.
Wenn ich mir die Sesselluschen hier so angucke. Glauben Sie an Wunder? Soviel Bier konnte unser Chef gar nicht herbeischaffen wie die brauchen, um mal locker die Beine in die Luft zu schwingen. Und das ist keine Frage des Alters, glauben Sie mir. Wenn ich da noch an diesen Partylöwen aus der damaligen Direktion denke. D e r konnte tanzen! ...
...unter uns gesagt wird die meiste Arbeit bei uns ja sowieso von Frauen erledigt, genau wie in den meisten Firmen da draußen in der richtigen Welt. Und am meisten müssen die alten Frauen schuften.
Bei denen ist sowie der Lack ab, die haben ihr Leben gelebt,
die gehen immer früh schlafen und morgens sind se fit wie die Turnschuhe. Erkennen können sie die übrigens an den flachen Schuhen. Damit kann man schneller rennen als mit diesen hochhackigen Dingern, diesen Highheels oder wie die heißen.
Die Direktion war jedenfalls schlau genug, und hat die Alten an den so genannten Schaltstellen angedockt wie man heutzutage sagt, da wo die Leistungsträger gebraucht werden. An der Telefonzentrale zum Beispiel. Die können es mit jedem aufnehmen. Und die haben da Anrufe kann ich Ihnen sagen. Diese 0190-Nummern sind nix dagegen. Zum Beispiel letztens. Da rief ein Mann an, der wollte…
Nun ja. Schwamm drüber. Ich habe Brunhilde versprochen, heute auf keinen Fall aus dem Nähkästchen zu plaudern. Und dann tue ich das auch nicht.
Aber zum Beispiel in der Steuerabteilung. Da arbeiten ja die meisten Alten. Ist ja klar, die müssen es faustdick hinter den Ohren haben, bei der ausgekochten Steuerpolitik, die unsere große Kollision so betreibt...
Aber wie sagt Heinz Erhardt immer: Zähne hoch und Kopf zusammenbeißen.
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pOpOmello
„Hier spricht Popomello. Der Anrufbeantworter hat heute seinen freien Tag. Wenn Sie unbedingt mit ihm sprechen wollen, rufen Sie bitte morgen wieder an!“
„Wer zum Teufel ist Popomello?“
Ich bin Popomello, Jutta’s Clown. Geboren wurde ich am 23. April 2017 während einer Abendvorstellung vom Circus Roncalli in Mönchengladbach. Sie hat in der ersten Reihe gesessen und mich gleich bemerkt.
Am selben Abend ist einer der berühmten Drahtseilartisten verstorben, beim Versuch, sich hoch bis in den Himmel zu schaukeln. Da ist er dann vermutlich auch gelandet.
Meine Eltern haben mir erklärt, dass das immer so ist. Einer kommt und einer geht. Und weil Clowns ausgewachsen auf die Welt kommen, habe ich das auch gleich verstanden.
Ach ja, meine Eltern:
Mein Vater hat die große Trommel im Orchester von Roncalli gespielt und meine Mutter die Kostüme genäht. Von ihr habe ich meine Feinfühligkeit. Mein Vater hat mir leider nur laute Töne hinterlassen und ich erschrecke nun mal die Leute nicht gerne.
Ich wollte nie hoch hinaus, bin bodenständig, wie meine Mutter sagt und korrekt. Ungewöhnlich korrekt für einen Clown, aber jeder hat halt eine Schwäche.
Immerhin schaffe ich es, das Publikum mit meiner ernsthaften Genauigkeit, zum Lachen zu bringen.
Keine Ahnung, was daran so lustig ist. Vermutlich hat das mit denselben Dingen zu tun, weshalb sie bei einer Beerdigung weinen müssen, auch wenn sie den Verstorbenen kaum gekannt haben.
Sie merken, Clowns sind alles andere als Leichtfüße. Für sie ist das Leben oft schwer, schwer zu verstehen und schwer zu ertragen. Aber das scheint ihnen die Kraft zu geben, es für die anderen leicht erscheinen zu lassen.
Ich bin trotz allem ein Träumer und glaube an das Gute in der Welt. Freue mich über eine dicke Seifenblase, die minutenlang nicht platzt, genauso wie über die erste Möhre, die ich im Sommer aus dem Gartenboden ziehen kann.
Ich verstehe die Sprache der Tiere, weiß wie Bäume und Blumen denken, spiele gerne mit Gedanken und liebe es, mit den Augen der Kinder zu sehen.
Jutta und ich gehen im August in eine Clownschule. Bin gespannt, was wir dort alles lernen werden.
Ansichten eines Clowns
Herr Popomello ist ein Clown. Er ist mein
Clown. Nein, lustig ist er nicht. Er
betrachtet alles mit sehr ernstem
Blick. „Das ist wichtig in der heutigen
Spaßgesellschaft“, sagt er.
„Wenigstens einer muss die Welt so betrachten,
wie sie ist: dekadent, materialistisch und kalt wie
eine Hundeschnauze, wobei kalte Nasen und so bei
einem Vierbeiner ein Zeichen von Gesundheit sind.“
Herr Popomello ist meistens traurig.
Ich habe ihm erklärt, dass das so
schade ist, weil wir ja alle nur
kurz hier auf der Erde sein können.
Dann schaut er mich fragend an
und lächelt. Ich glaube, er freut sich
schon auf den Himmel.